Tempest Storm: Die rothaarige Königin, die die Burlesque für immer verändert hat
Bei einem Namen wie Tempest Storm erwartet man ein Feuerwerk – und genau das hat sie auch geboten.
Mit ihrem feuerroten Haar, ihrem unerschütterlichen Selbstbewusstsein und einer Karriere, die sich über acht Jahrzehnte erstreckte, war sie mehr als nur eine Burlesque-Künstlerin. Sie wurde zur Legende.
Hinter den Strasssteinen und dem Glamour verbarg sich jedoch eine Frau, die sich aus den Schwierigkeiten des von Rassentrennung geprägten Südens zu einer unangefochtenen Königin der Burlesque emporgearbeitet hatte.
Von Annie zu Tempest
Tempest Storm beherrschte mehr als 60 Jahre lang die Bühne – eine bemerkenswerte Reise, die weit entfernt vom Glamour begann, denn ihre Kindheit war alles andere als glanzvoll.
Sie wurde am 29. Februar 1928 in Eastman, Georgia, als Annie Blanche Banks geboren und wuchs in einer kleinen Bauerngemeinde auf.
Armut und Missbrauch prägten ihre frühen Jahre, und mit 14 lief sie von zu Hause weg, um dem zu entkommen. Sie fand eine Stelle als Kellnerin in Columbus, Georgia, und heiratete einen US-Marine, um sich rechtlich von ihren Eltern zu befreien. Die Ehe wurde jedoch nur 24 Stunden später annulliert. Ein Jahr später, mit 15, heiratete sie einen lokalen Schuhverkäufer, dessen Schwester mit ihr in einer Strumpffabrik arbeitete.

Als Storm Jahre später in einem Interview mit Roger Ebert aus dem Jahr 1968 über diese zweite Ehe reflektierte, gab sie zu: „Ich bin einfach eines Tages gegangen. Ich hatte immer noch den Wunsch, nach Hollywood zu gehen. Ich konnte diesen Gedanken einfach nicht aus meinem Kopf bekommen.“
Als Teenager landete sie in Los Angeles. Eine Casting-Agentin schlug ihr einen Namen vor, der ihr Leben verändern sollte: Tempest Storm.
„Ich fragte sie, ob sie Vorschläge hätte. Sie sagte: Wie wäre es mit Tempest Storm? Ich fragte sie, ob sie noch andere Vorschläge hätte. Nun, sagte sie, wie wäre es mit Sunny Day? Nun, sagte ich, dann wohl lieber Tempest Storm“, erzählte sie.
Diese Namensänderung markierte einen Wendepunkt in ihrem Leben und brachte sie auf den Weg zum Ruhm. Während sie als Cocktailkellnerin arbeitete, erkannte ein Kunde ihr Charisma und fragte sie, ob sie einen Striptease vorführen könne.
„Ich sagte: ‚Was ist das?‘“, erinnerte sich Frau Storm in einem Interview mit The Quad-City Times aus dem Jahr 2013. „Ich kam aus einer Kleinstadt und wusste das nicht. Er sagte, es sei nur Tanzen, aber man ziehe sich dabei aus. Ich sagte: ‚Oh nein, ich nicht. Meine Mutter würde mich enterben.‘“
Eine Berühmtheit ist geboren
Storm gab ihr Burlesque-Debüt Ende der 1940er Jahre, und es dauerte nicht lange, bis das Publikum begeistert war. Ihre Darbietungen waren keine billigen Strip-Acts – es waren sorgfältig choreografierte Auftritte, die vor Glamour nur so strotzten. In mit Strasssteinen besetzten Kleidern gekleidet, neckte sie mit Eleganz, nicht nur mit Schock.
„Damals war ich respektabler“, erinnerte sie sich 1973 in einem Interview.
„Man musste Netzhöschen und einen Netz-BH sowie mit Juwelen besetzte Pasties tragen – G-Strings waren nicht erlaubt.“
Mitte der 1950er Jahre verdiente Tempest Berichten zufolge 100.000 Dollar pro Jahr – umgerechnet fast 950.000 Dollar in heutiger Währung. Ihre berühmten Kurven waren so legendär, dass Lloyd’s of London angeblich ihre Brüste für 1 Million Dollar versicherte. Die Schlagzeilen hatten einen großen Tag und nannten sie „Tempest in a D-Cup” und „The Girl Who Goes 3-D Two Better”.

Sie stand mit Ikonen wie Blaze Starr und Lili St. Cyr auf der Bühne und spielte neben Bettie Page in Burlesque-Filmen wie Teaserama (1955) und Buxom Beautease (1956) mit. Diese für ihre Zeit gewagten Filme verwischten die Grenzen zwischen Komödie, Sexualität und Zensur.
Sie wurde wie eine Herde Vieh getrieben
Tempest Storm war nicht nur eine Darstellerin. Sie war eine Pionierin, die die Grenzen dessen, was Frauen auf der Bühne ausdrücken konnten, verschob. Ihre natürlichen Kurven und ihr charakteristisches rotes Haar wurden zu ihrem Markenzeichen.
Aber im Gegensatz zu vielen ihrer Kolleginnen lehnte sie Schönheitsoperationen ab und sagte, ihre natürliche Schönheit sei genug. Sie rauchte nicht und mied alles, was stärker war als Orangensaft oder 7-Up.
Zu Hause begann sie ihren Tag mit einem knusprigen Müsli-Frühstück und verbrachte ihre Nachmittage mit Massagen, Saunagängen und im Whirlpool.
Wie beliebt war sie? Ein eindrucksvolles Beispiel stammt aus dem Jahr 1955, als sie die University of Colorado besuchte. Eine Menge von 1.500 Studenten geriet fast in Aufruhr und hinterließ eine Spur der Verwüstung.
„Sie müssen monatelang ohne Frauen eingesperrt gewesen sein, sie stürmten mich wie eine Herde Rinder“, erinnerte sich Storm.
Interrassische Ehe
Hinter den Kulissen war Storms Privatleben genauso dramatisch wie ihre Auftritte.
Sie hatte romantische Beziehungen zu Elvis Presley, Mickey Rooney und dem Gangster Mickey Cohen. Aber erst ihre Heirat mit dem Jazzstar Herb Jeffries, dem ersten schwarzen singenden Cowboy in Hollywood, im Jahr 1959 sorgte wirklich für Schlagzeilen.
Das Paar hatte eine Tochter, Patricia Ann Jeffries.
Laut der New York Times „brach ihre Ehe mit Jeffries die Rassentabus der Mitte des Jahrhunderts und kostete sie ihre Arbeit“. Mischehen waren in weiten Teilen der USA noch illegal. Plötzlich begann das öffentliche Interesse an Storm zu schwinden.
Die Aufmerksamkeit der Medien ließ nach, und sie wurde fast ausgegrenzt. Weit weniger Fotografen und Reporter kamen in ihre Heimatstadt, um über sie zu berichten.
Die Ehe hielt nicht, aber Storm scheute nie vor Kontroversen zurück, und sie und Jeffries blieben nach der Trennung „enger denn je“.
Auch mit über 80 noch strahlend
Die meisten Stars verblassen mit zunehmendem Alter. Tempest Storm nicht.
Sie trat bis in ihre 60er Jahre auf und hatte ihren letzten Bühnenauftritt in ihren 80ern. Selbst in ihren späteren Jahren betonte sie, dass sie sich unter dem Scheinwerferlicht am lebendigsten fühlte.
1999 kehrte Storm anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Clubs auf die Bühne des O’Farrell Theatre in San Francisco zurück, woraufhin Bürgermeister Willie Brown zu ihren Ehren einen „Tempest Storm Day” ausrief. Sie trat mindestens bis 2010 weiterhin bei den jährlichen Veranstaltungen der Burlesque Hall of Fame Pageant auf.

Ihre Geschichte wurde auch in Dokumentarfilmen festgehalten, darunter Tempest Storm (2016), der ihr bleibendes Vermächtnis würdigte.
Ein bleibendes Vermächtnis
In ihren letzten Lebensjahren lebte Tempest Storm in Las Vegas, Nevada.
Als sie 2021 im Alter von 93 Jahren verstarb, hinterließ sie mehr als nur Erinnerungen an glitzernde Kostüme und glamouröse Shows.
Sie hinterließ eine kulturelle Revolution.
Sie bewies, dass Sinnlichkeit nicht mit dem Alter vergeht. Sie kämpfte gegen Stereotypen über Schönheit und Weiblichkeit, lange bevor „feministische Selbstermächtigung” zu einem Mainstream-Begriff wurde. Und sie ebnete den Weg für moderne Burlesque-Stars wie Dita Von Teese, die Storm stolz als ihre Inspiration bezeichnen.
Tempest Storm machte ihrem Namen alle Ehre. Sie war unaufhaltsam. Sie war unvergesslich. Sie war eine Naturgewalt.